26. April 2016

Tag der Arbeit und griechische Ostern, Proteste und Streiks

- aktualisiert am 27. April 2016 -

Streiks bei Bahn und Schiffen

 Dieses Jahr fallen die griechisch orthodoxen Ostern  mit dem 1. Mai, dem "Tag der Arbeit" zusammen. Man hat dem zwar bereits Rechnung getragen, indem der auf den Ostermontag folgende 3. Mai als Ausweichtermin zum "Tag der Arbeit 2016" ausgerufen wurde. Damit sollte vermieden werden, dass Kundgebungen und Streiks, mit denen an "ihrem Tag" die Arbeiter traditionell ihre Rechte und Forderungen unterstreichen, mit den Osterfeierlichkeiten und der damit einhergehenden griechischen Reisewelle kollidieren. Ein guter Plan. Da jedoch gerade dieses Jahr besonders viel für die gewerkschaftlich organisierten Griechen auf dem Spiel steht, weil kurz nach Ostern mal wieder Rentenkürzungen und Steuererhöhungen beschlossen werden sollen, deren Pläne seit letzten Freitag dem Parlament zur Beratung vorliegen, will diese Rechnung nicht aufgehen.  

Die griechische Bahn (OSE) hat trotzdem einen Streik ausgerufen, der von Samstag, dem 30. April, 18 Uhr, bis Ostermontag, 2. Mai 2016, 10 Uhr dauern soll. Die Gewerkschafter protestieren damit zusätzlich auch gegen  Privatisierungs- beziehungsweise Verpachtungspläne der griechischen Bahn und fordern die Einstellung zusätzlicher Lokführer. Vom Streik ist auch die Athener Vorortbahn / S-Bahn (Proastiakos) betroffen und somit auch die S-/U-Bahnverbindung zum internationalen Flughafen Athens, die der Proastiakos bedient. Als Alternative für Reisende kommen neben Taxis auch Expressbusse zum und vom Flughafen in Frage, die hoffentlich nicht streiken werden.

 Die Gewerkschaft der Seeleute PNO will in dem Moment für 48 Stunden in den Ausstand treten, in dem die Gesetzesnovelle zur Änderung des Renten- und Sozialversicherungssystems vom Parlament gebilligt wird, womit voraussichtlich unmittelbar nach Ostern zu rechnen ist. Außerdem wird sie sich auf jeden Fall am 8. Mai für 24 Stunden an einem Streikaufruf des Gewerkschaftsdachverbands beteiligen. 

Auch die Bauern haben Proteste und Blockaden für den Zeitpunkt der Billigung der unliebsamen Gesetzesnovelle angekündigt.

Weitere Streikaktionen gibt es zur Zeit unter anderem bei den Rechtsanwälten und Journalisten.

Quellen: griechischsprachiger Streikkalender, Griechenlandzeitung
und greekreporter.com

Weitere Informationen zum Thema:
> Zu den unterschiedlichen Terminen zwischen Ost- und Westkirchen für Ostern und andere bewegliche Feiertage
 

25. April 2016

29.April-2.Mai sind 2016 griechische Ostern. "Große Woche" führt darauf hin

Fünf Wochen später als die Westkirchen feiern die Griechen 2016 das orthodoxe Osterfest - das größte Fest im Jahreszyklus der orthodoxen Kirche.
Diese Woche ist also Megali Evdomada, die "Große Woche", die der Karwoche der Westkirchen entspricht. 

Viele Restaurants bieten in dieser Woche streng vegane Fastenspeisen an. Denn die meisten orthodoxen Gläubigen fasten zwar nicht die empfohlenen 46 Tage vor Ostern, zumindest aber während der "Großen Woche".

An ihrem Auftakt steht der Kyriaki ton Vajon oder Kyriaki tou Lazarou (Sonntag des Lazaros), für den nach altem Brauch ein spezielles, lazarakia genanntes Gebäck gebacken wird, das keine tierischen Bestandteile enthalten darf und die Form kleiner Menschenkörper hat, die wie in ein Leichentuch gewickelt aussehen.




Es folgt der Große Montag, an dem sich viele Griechen dem Osterputz widmen, während die Kirche der Reinigung von Händlern und Geldwechslern gedenkt, der Jesu den Tempel von Jerusalem unterzog.

Am Großen Dienstag werden Wände geweißelt,um im österlichen reinsten, weißen Glanz zu erstrahlen. Auch Gehsteige und Platten auf Plätzen werden gern mit frischen weißen Kontouren bemahlt. In der Kirche wird die 859 entstandene Hymne der Kassiane gesungen.

Am Großen Mittwoch bekommen die Kirchgänger mit geweihtem Öl ein Kreuzzeichen auf die Stirn gezeichnet - als Reinigung von ihren Sünden und Vorbereitung auf die Osterkommunion.

Am Großen Donnerstag strebt die Hinführung auf Ostern ihrem Höhepunkt zu. Die zwölf Evangelien, die die Leiden Christi beschreiben werden vorgetragen. Nach dem sechsten Evangelium gehen alle Lichter der Kirche aus und die Gläubigen verfolgen mit angezündeten Kerzen die Nachstellung der Kreuzigung von Jesus und singen dabei die altgriechische Psalme "Símeron kremáte epi ksílou....." ("Heute wird er an das Holz gehängt....."), worauf man das Hämmern der Nägel hört, mit denen Jesus ans Kreuz genagelt wurde. Danach wird das Kreuz Christi in der Kirche aufgestellt, bevor die letzten sechs Evangelien vorgetragen werden. Frauen beginnen, den Epitafios zu schmücken, wie einen hölzernen Sarg nennt, auf den am Morgen des Karfreitag ein goldbesticktes Tuch gelegt wird, das den Leichnam Jesu mit der Heiligen Marie und Engeln darstellt.
Einzelne Gegenden und Inseln haben ihr ganz spezielles Brauchtum am Großen Donnerstag bzw. Gründonnerstag.
Auf Patmos ist es beispielsweise die Niptyra genannte Fußwaschungszeremonie, im Epirus das Entfernen der Schafs- und Ziegenglocken bis zum Ostersonntag.


Am Großen Freitag bzw. Karfreitag schließlich, wird der Epitaphios in einer festlichen Zeremonie durch die Straßen getragen, gefolgt von den Gläubigen.
Auch für diesen Tag haben viele Gemeinden ihr eigenes  Brauchtum. So stellen beispielsweise Bewohner des Dorfes Marpissa auf der Insel Paros alljährlich mit stimmungsvoll beleuchteten lebendige Bilder - sogenannten Tableaux Vivants - entlang des Prozessionswegs regungslos Szenen aus dem Leidensweg Christi nach.

Am Großen Samstag ist dann der große Moment der Kunde von Christi Auferstehung und des Heiligen Feuers. Sobald in der Abendmesse die altgriechischen Worte Défte lávete fós („Kommt und nehmt Licht“) gefallen sind, wird das „Heilige Licht“ vom orthodoxen Geistlichen an die Kirchgänger weitergegeben, die damit ihre Kerzen entzünden. Um Mitternacht erklingt der Tropárion genannte Psalm zur Ankündigung der Auferstehung Christi. Glockengeläut und Feuerwerk setzen ein. Die Menschen fallen einander in die Arme, küssen sich und rufen "Christos anesti!" (Christus ist auferstanden) und "Alithos anesti!" (In Wahrheit auferstanden). Dieses Rede-Antwortspiel wird von nun an statt „Frohe Ostern!“ - "Danke, gleichfalls!" die Osterfeiertage begleiten.

Weitere Informationen zum Thema:

> Streiks zur Osterzeit und Verschiebung des "Tags der Arbeit" auf den 3. Mai 2016 wegen der Osterfeiertage

> Zu den unterschiedlichen Terminen zwischen Ost- und Westkirchen für Ostern und andere bewegliche Feiertage

19. April 2016

Griechisches in der Augsburger Kresslesmühle


Bislang schätzte ich die Kresslesmühle in Augsburg mit ihrem wunderschönen Altstadtambiente vor allem als Kabarettbühne. Das ist sie ja nach wie vor. Doch zunehmend sind auch interessante Musikveranstaltungen im Programm. Und - was mich besonders freut - solche ganz abseits des Mainstream. Als Griechenlandfan und -autorin fallen mir hier natürlich ganz besonders die aktuellen Konzerte griechischer Musik auf - einer authentischen griechischen Musik, die Tradition und moderne Strömungen zu vereinen weiß und sich weit jenseit von touristen- und klischeetauglichen Bousouki- und Sirtakiklängen bewegt.

Mit großem Genuss bereits erlebt habe ich in der Kresslesmühle am 6. Febuar 2016 die kretische Formation Chainides und jetzt gerade letzten Sonntag, den 17. April 2016, den wahlgriechischen Liedermacher und -übersetzer Felix Leopold.

Aktuell freue ich mich nun auf diesen Sonntag und die Gruppe Si BeMol. "GRIECHISCHE MUSIK MAL ANDERS - BALLADEN UND KLÄNGE DIE BERÜHREN" hat sie ihr aktuelles Programm überschrieben. Freilich hätte dieses Etikett genausogut auch für Felix Leopold und Chainides getaugt. Das weckt die Hoffnung, dass es  ein ebenso spannender und erbaulicher Abend wird wie jene beiden. Jedenfalls freue ich mich schon.

Denn griechische Musik kommt sonst viel zu kurz im deutschen Kulturbetrieb - seien es Radio, TV oder Lifebühnen.Und dabei hat gerade sie so viele interessante Strömungen zu bieten, die teils - wie z.B. jene des Rembetiko - urbanen Subkulturen einer der heutigen Flüchtlingskrise in nichts nachstehenden Migrationswegung entspringen, teils ihre Wuzeln in altem griechischen Volksgut und teils in Protestbewegungen haben und allesamt von großer musikalischer und poetischer Qualiät sind.Nicht wenige beliebte, auf Straßen und in Tavernen geträllerte griechische Lieder stammen aus der Feder großer griechishe Poeten, wie beispielsweise die Literaturnobelpreisträger Giorgos Severis und Odysseas Elytis.

Auswahl einiger Artikel zu verwandter Thematik:
> Liebe zu Lied und Land
> Kretische Gruppe Chainides 2016 auf Europatour
> Locomondo - griechische Musik fetzig und ungewohnt
> Griechische Musikband Imam Baildi 
> Mikis Theodorakis wird 90
> griechische Weihnachtslieder
> Ein Lied auf Katherina 
 

10. April 2016

Liebe zu Lied und Land

"Die Liebe geht durch den Magen" ist ein oft gehörter Spruch. Doch bei mir geht sie eher durch das Lied - die Liebe zu einer Kultur, zu einem Land!
So jedenfalls war es für mich mit Frankreich und Griechenland. Lang  bevor ich die authentische und ganz hervorragende Küche dieser beiden Länder zu schätzen und zu lieben lernte, hatte ich begonnen, zuerst französische und dann bis heute vor allem griechische Lieder zu lieben. Geradezu eingenistet haben sich beide in mir - zuerst als Ohrwurm in den Gehörgang. Bald aber schien es, begann auch mein Herz in ihrem Rhytmus zu schwingen und das Hirn sich zu fragen, warum sie mich so stark berühren - noch bevor ich mehr als vereinzelte Worte ihrer Texte verstand, wie im Griechischen agapi = Liebe; dakria = Tränen; uranos = Himmel; thalassa = Meer. Immer mehr wollte ich davon hören und schließlich natürlich auch verstehen. So begann ich zuerst vor vielen Jahren Französisch zu lernen und nun auch Griechisch.

Leider hört man im Gegensatz zu französischen Chansons griechische Lieder kaum in Deutschland im Radio oder TV. Und deutsche Texte dazu sind noch rarer, ebenso wie Lifeauftritte griechischer Musiker im deutschsprachigen Raum. Wie schön, dass sich wenigstens einer dieser Lücke im Musikbetrieb angenommen hat - der mit seiner griechischen Frau in Thessaloniki lebende, als Deutscher geborene und aufgewachsene Wahlgrieche Felix Leopold. Lieder, für die Alexiou, Papakonstantinou, Paschalidis und Savvopoulos bekannt wurden, gehören zu seinem Repertoire. Vor allem aber übersetzte er selbst viel von der Poesie des schreibenden und dichtenden Seemanns Nikos Kavvadias. "Lieder vom Meer" nennt sich daher seine diesjährige Frühjahrstournee durch viele deutsche Städte - nicht nur große wie Berlin, Dortmund, Hamburg, München Stuttgart, Köln und Wien, sondern auch zahlreiche kleinere wie Augsburg, Darmstadt, Gießen, Bad Nauheim. Eine hervorragende Gelegenheit, sich mit griechischer Musik und Poesie vertraut zu machen und seine Liebe für dieses wunderschöne Land und seine weitgehend hierzulande unbekannte reiche Gegenwartskultur zu entdecken oder zu vertiefen! Und hat man das Land erst einmal abseits der Touristenströme bereist und ist man in seinen Tavernen und Restaurants eingekehrt, so werden auch Gaumen und Magen diese Liebe teilen. Denn so wie es musikalisch jede Menge jenseits von Busuki- und Sirtaki-Klängen zu entdecken und zu genießen gibt, so warten auch kulinarisch jede Menge Köstlichkeiten jenseits von Grilltellern, Musakas und Tzatziki auf den Genießer!