11. April 2017

Karwoche in Griechenland

Die letzte Woche der Passionszeit, die wir im Deutschen Karwoche oder Passionswoche nennen, heißt auch in der griechisch-orthodoxen Religion  Passionswoche (Evdomáda ton Pathon / Εβδομάδα των Παθών). Im allgemeinen alltäglichen Sprachgebrauch sprechen die Griechen aber von der "Großen Woche" (Μεγάλι Ευδομάδα / Μegáli evdomáda  bzw. zu einem Wort zusammen gezogen Μεγαλοβδόμαδο / Megalovdómada) und nennen die einzelnen Tage den "Großen Montag", "Großen Dienstag" etc. und folglich den Karfreitag Μεγάλη Παρασκευή / Megáli Paraskeví.
 
Die gelbe Fahne mit dem schwarzen Doppeladler vor griechischen Kirchen, die den orthodoxen Glauben symbolisiert, weht während der Karwoche auf Halbmast. Viele griechische Restaurants und Tavernen bieten in dieser Woche streng vegane Fastenspeisen an. Denn die meisten orthodoxen Gläubigen fasten zwar nicht die empfohlenen 40 Tage vor Ostern, zumindest aber während der "Großen Woche".

Jedem Wochentag der "Großen Woche" hat sein eigenes kirchliches Zeremoniell und spezielles Brauchtum.

Den Palmsonntag (Kyriaki ton Vajon) nennt man in Griechenland auch Kyriaki tou Lazarou (Sonntag des Lazaros). Der Brauch will, dass man an diesem Tag ein spezielles, lazarakia genanntes Gebäck backt, das frei von Zutaten tierischen Ursprungs sein muss und kleinen, in ein Leichentuch gewickelten Menschenkörpern gleichsieht.

Am Großen Montag gedenkt die orthodoxe Kirche der Säuberung des Tempels in Jerusalem von Händlern und Geldwechslern. Für den griechischen Laien bedeutet das Putztag. Osterputz ist angesagt.

Am Großen Dienstag geht es dann ans Weißeln. Haus- und Kirchenwände bekommen einen frischen weißen Anstrich. Gehsteige und Platten, die öffentliche Plätze pflastern werden gern mit frischen weißen Kontouren bemahlt. Alles soll in reinweißem, österlichem Glanz erstrahlen. In der Kirche wird die 859 entstandene Hymne der Kassiane (Tropario tis Kassianis) gesungen, die Geschichte einer einst sündhaften Frau, die bereute, ihr restliches Leben als Klosterschwester verbrachte und Vergebung ihrer Sünden fand.

Am Großen Mittwoch bekommen die Kirchgänger mit geweihtem Öl ein Kreuzzeichen auf die Stirn gezeichnet, um sie damit von ihren Sünden zu reinigen und auf die Osterkommunion vorzubereiten.

Am Großen Donnerstag werden in der Kirche die zwölf die Leiden Christi beschreibenden Evangelien vorgetragen. Nach dem sechsten Evangelium gehen alle Lichter im Gotteshaus aus und die Gläubigen verfolgen mit angezündeten Kerzen die Nachstellung der Kreuzigung Christi, während sie den altgriechischen Psalm"Símeron kremáte epi ksílou....." ("Heute wird er an das Holz gehängt.....") singen, worauf sie das Einschlagen von Nägeln zu hören bekommen. Danach wird das Kreuz Christi in der Kirche aufgestellt, bevor die letzten sechs Evangelien vorgetragen werden. Frauen beginnen, den Epitafios zu schmücken, wie man einen hölzernen Sarg nennt, auf den am Morgen des Karfreitag ein goldbesticktes Tuch gelegt wird, das den Leichnam Jesu mit der Heiligen Maria und Engeln darstellt.

Am Großen Freitag wird der Epitaphios in einer festlichen Prozession um die Kirche herum und durch die Straßen getragen. Trauerzügen gleichen diese Prozessionen.

Am Großen Samstag empfängt der Orthodoxe Patriarch frühmorgens in der Grabeskapelle Jesu in Jerusalem das Heilige Feuer, das nach Athen geflogen und von dort aus im Land verteilt wird, um daran bei der Verkündigung der Botschaft von Christi Auferstehung die Kerzen der Gläubigen zu entzünden. Der Ostergottesdienst beginnt gegen 23.00 h. Kurz vor Mitternacht wird es still in den Kirchen und die Lichter gehen aus, bevor der Priester im Dunkel seine Kerze entzündet und das Feuer an die Gottesdienstbesucher weiter gibt. Von dem Moment an grüßt man sich mit Christos anesti (Christus ist auferstanden) Die Antwort darauf lautet Alithos anesti ( Wahrhaftig, er ist auferstanden).

Der Ostersonntag beginnt mit dem traditionellen, griechischen österlichen Nachtmahl, der Ostersuppe „Magiritsa“ ( sprich Majiritsa ) aus Lamminnereien und Kräutern. Dann beginnt ein Tag des Feierns, Musizierens und Tanzens. Am Spieß gegrillte Lämmer und Zicklein, rote Ostereier und Tsourekia genannte Osterbrote gehören dazu.

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